sowie ein schönes Heimatfest einschließlich der anschließenden Messe. Umzug und Kirchgang waren immer beeindruckend. Die Spiele auf der Vogelwiese und im Bürgergarten ein erfreuliches Erlebnis, auch wenn ich nicht bei den “Ersten und Besten” war. Gerne denke ich an die Blumen und efeugeschmückten schwarz-weißen beflaggten Lanzen der Knaben, die rot-weiße Klassenfahne und die große, schwere Stadtfahne, die beim Umzug geschwenkt wurde. Das Zöpfchen und die Limonade waren bei allen willkommen und sind nicht vergessen. Die Spielmannszüge der Schulen, die auch zum Wecken aufgespielt haben, klingen auch noch manchmal in meinen Ohren. Rostbratwurst, Eis, Zuckerwatte, Pferdewurst, Fischbrötchen oder die vielen Süßigkeiten waren nicht so reichlich verzehrt, wie der kostenlose Geruch der Bratwurststände, schön waren auch die Mädchen mit ihren Kränzen im Haar, die manchmal auch klassenweise nur grün oder auch mit einheitlicher Blumenpracht geschmückt waren. Selbst legten sie wohl mehr Wert auf ein schönes Festkleidchen. [...] Einige Schulkameraden ersetzten die Festkleidung (Matrosenbluse usw.) durch die Jungvolk-Uniform und nicht alle gingen mit in die Kirche.
[...] Nach den Reise-Lockerungen und verschiedenen “Erleichterungen” (nicht nur zur Reise, Straßenbenutzungs- u.ä. Gebühren) gab es auch die Einreisegenehmigung der DDR zum Naumburger Kirschfest, was natürlich willkommen bei allen Familien und Freunden auch genutzt wurde. Zu einen der ersten Kirschfeste waren auf dem Markt vor dem Rathaus einige Reihen Bänke aufgestellt und für die Besucher aus Westdeutschland vorgesehen, was bei den starken Andrang sehr willkommen war und auch von mir genutzt wurde. [...] Meine Absicht nicht aufzufallen und evtl. spätere Aufenthaltsgenehmigungen zu riskieren, ließen mich davon Abstand nehmen, die wahren Gründe zu erforschen. [...].
Begebenheiten in Naumburg
Einmal, es war wohl das erste Kirschfest nach dem Kriege, ich hatte die Genehmigung mit den Motorrad einzureisen, parkte ich das Fahrzeug am “Eisernen Wenzel”, als ich dann wieder wegfahren wollte, bin ich beim Aufsuchen zufällig und plötzlich mit einen alten Bekannten und Sportfreund fast zusammen gestoßen. Freunde nach vielen Jahren und den überlebten Krieg. Viele Fragen, unter anderem auch, er: wo wohnst du? ich: in Hessen, er: in Naumburg. er: ja wo in Hessen? ich: zwischen Wiesbaden und Limburg! er: ja wo denn da? ich: bei Idstein! er: sag bloß, da wohnt auch mein Vater. Ich habe Antrag gestellt, ihn zu besuchen. Er ist das zweite Mal verheiratet und wohnt jetzt in Idstein. Wir verabredeten uns, wenn er da ist, daß wir uns auch treffen, und mit dem Motorrad den Taunus und Rheingau befahren wollten. Aber aus dieser Verabredung wurde nichts, dann an diesem Tag war für ihn die sofortige Rückkehr gefordert (oder angeordnet?). Diese willkürliche Aktionen gab es öfters, wie ich dann später wiederholt gehört habe. [...].
Bei meiner polizeilichen Abmeldung in Naumburg Oststraße (oder Spechsart?) Waren durch viele Westbesucher im Warteraum und im Vorraum alle Plätze besetzt. Da an einer Ausstellungsvitrine mit Propagandamaterial in Sitzhöhe außen ein breites Brett angebracht war, wozu kann ich mir nicht denken (bin Tischler), hatten einige Bürger darauf Platz genommen. Ein vorbeikommender Vopo gab im militärischen Ton die Anweisung: “Sofort da Aufzustehen!” Ein Betroffener entgegnete, daß alles belegt ist. Antwortet der Vopo: “Bei uns kann Jeder sitzen!” Darauf entfielen mir die Worte: “Das glaube ich!”, was bei den meisten Anwesenden zu mehr oder weniger lauten Gelächter geführt hat. Es gab keine weiteren Unterhaltungen. Auch der “Volks” Polizist h´ging seinen Weg.