deren Schicksal unbekannt. Später bei den Treffen der Naumburger in Witzenhausen/ BRD erfuhr ich von Einem seiner Schwester, die ich vorher nicht gekannt hatte, daß er im Osten gefallen ist. Ein Anderer, der vor mir ausgelernt hatte, hatte es bei der Panzertruppe so schwer erwischt, daß dessen Rückenpartie wie eine Kraterlandschaft aussah und er nicht mehr den erlernten Beruf ausüben konnte und später in Naumburg (nur) noch als Filmvorführer tätig war. Während seiner Lazarettzeit lag er oben am Sperlingsholz in der Infanteriekaserne, wo ich ihn auch mal während meines ersten Fronturlaubs besuchen durfte. Bei ihn kam dazu, daß da auch noch der Blinddarm zu viel war – Noch mal zurück zur Lehrzeit. Unsere Bau- und Möbeltischlerarbeiten im gesamten Stadtgebiet wurden nun auch noch ergänzt und bereichert durch Wehrmachtsaufträge. Nicht nur meine Lehrwerkstatt hat Spinde, Barackenschränke und -betten und Barackentische hergestellt. In einen Spind hatte ich im Eßfach einen Zettel mit meiner Adresse gelegt, mit der Bitte, mal zu schreiben, wo unsere Arbeit hingekommen ist. Ein Marinesoldat schrieb mir darauf, als ich selbst schon Soldat war, daß der Spind an der Ostseeküste gelandet ist. Ich selbst war bei Königsberg, Ostpreußen.

Da wir Jungen, heute sage ich durch Presse und Propaganda, so berieselt wurden, glaubten wir, daß wir zum Zeit- oder Kriegsgeschehen zu spät kommen und uns nach bestandener Gesellenprüfung freiwillig gemeldet haben. Wehrpflichtig waren wir sowieso. Da der Meister mich “freigegeben” hatte, sagte der Mann auf dem Arbeitsamt: “sie sind ‘dienstverpflichtet’ in die Naumburger Flugzeugwerke!” Das halbe Jahr Flugzeugbau (von Sportsegelflugzeugen) war dann wohl auch mit ausschlaggebend, daß ich als Techniker und Flugzeugtischler 1941 zu den Lastenseglern gekommen bin. Nach der Grundausbildung und Fliegertechnischen Schule ging es nach Ostpreußen. An einem der ersten Flüge bei der neuen Kompanie gab es beim Morgenappell Beförderungen, wo auch der Name Hans Göhlich fiel. Ein mir bekannter Naumburger Segelflieger, der als LS (Lastensegel) Flugzeugführer die DFS 230 und die GO 242 geflohen hat. Abends besuchte ich ihn auf seiner Stube. 3 Monate später wurden wir getrennt. Er kam nach Frankreich, ich zu einer Staffel an die Ostfront. Bei einer Bahnverlegung hatte ich lt. Göhlich den Rumpf einer GO 242 auf einen Fuß gesetzt bekommen, was den LS-Rumpf nichts geschadet hat, aber ihn. Während seiner Genesungszeit konnte er dann nach Naumburg von der Hubertuskaserne besehen und ich konnte ihn wieder bei einem Fronturlaub da oben besuchen.

1942 bei der Sommeroffensive in Russland wurde unsere Staffel mit einer anderen Staffel zusammengelegt und wir flogen vorwiegend Material-Transporte im Süden der Ostfront. In Elista in der Kalmüken-Steppe traf ich mit Karl und Danny Henkel aus Naumburg zusammen. Aus der Steppe zurück in Saparosje/Ukraine vor der Katastrophe Stalingrad begegnete ich Rudi Munzert, der auch in den Naumburger Flugzeugbau mit mir gearbeitet hatte und jetzt Flugzeugtischler und Plexi-Spezialist war, und aus Almrich der Dachdecker H. Bergmann als Kraftfahrer und aus den Wethautal der Kraftfahrer des Staffelkapitäns, waren nun bei unserer Schleppgruppe, die aus 1 DFS-230 Staffel und 2 GO 242 Staffel bestand bis zur Auflösung im Herbst 1944 in Ungarn zusammen. Letzterer Kamerad war aber schon vorher zu einer anderen Einheit versetzt worden.

Von Lemberg in Polen durfte ich in Kurzurlaub fahren. Habe aber die Abfahrt um 1 Tag verschoben, da im Theater in der Stadt das Stück “Uta von Naumburg” gespielt und von mir noch angesehen wurde.

Da 1944 die Front immer mehr nach Westen kam, wurden die Tranportwege kürzer und auch der Spritmangel größer, folglich weniger Aufträge, so daß wir zu den Beinamen “Lehrlauf-Geschwader” kamen, statt wie vorher zum “Luft-Lande-Geschwader” gezählt wurden. Diese Folgen führten dazu, daß unsere Einheit ins Reich nach Gardelegen zur Auflösung kam.  Da hatten wir sogar die Möglichkeit zur Wahl, ob zur Fallschirmgruppe oder Waffen SS. In Gardelegen, Tangermünde und Stendal gab es noch eine Spezial-Ausbildung für Fj und eines Tages begegnete mir mein Naumburg Sportfreund Heinz Böttger, der ebenfalls Lastensegelflugzeugführer auf der GO 242 war, und dasselbe Schicksal wie wir hatten und für den Erdeinsatz abgestellt wurde. Im Jahr 1945 ist er leider noch bei der Offensive in den Ardennen gefallen. Meine Mutter besuchte mich bei der letzten Ausbildung und konnte von H. Böttger noch ein Geschenk für seine Braut in Naumburg mitnehmen. Ich selbst wurde noch im Januar 1945 in Holland verwundet, lag bis 27.4.45 im Lazarett, hörte von Amerikanischer Besetzung Naumburg’s im Radio, vom “Heldenklau” noch zur Kriegsmarine versetzt nach Wilhelmshaven und 10 Tage später war die Kapitulation – welche Begeisterung!! – somit ab in Englische Gefangenschaft oder war es nur Internierung”.

Während des Krieges im Heimaturlaub konnte ich mit Hans Göhlich, Orchideengärtner, Lastensegler - FF. und Hans Astroth, meine Schulklassenkameraden, Sportfreund, Berufskollegen, auch Fallschirmspringer und Kiefernverletzung wie ich in ihren Erholungsurlaub in Naumburg begrüßen. Wir drei haben diese schwere Zeit für alle überlebt.

Nach 1945
In meiner neuen Heimat in Hessen, kam zu mir eines Tages beim Mittagsessen, wie damals Samstags und Sonntags üblich, ein Hausierer mit Glasmalerei ... aus Naumburg ... Nach kurzem Gespräch ging er aber sehr schnell wieder weiter, vermutlich weil ich auch aus Naumburg war.

[...]

Beim Besuch eines Naumburger Freundes ging es bis spät in die Nacht mit allen möglichen Themen. Beim Abschied sagte er, daß er nun heute morgen gleich einen Bericht über den Westbesuch machen müßte. Da die Länge unserer Unterhaltungen  bei mir einen langen Bericht erwarten ließ, sagte ich. Ich entbinde dich von diesen Bericht, da sagte er gleich: das geht nicht, da die Hausbewohner verpflichtet sind zu melden, wenn ein Westauto vor der Tür steht. Von mir war die “Entbindung” mehr scherzhaft gemeint. So etwas zu wissen war nicht gerade förderlich für den Arbeiter- und Bauernstaat.

Die schönste Begegnung war schon 1946 das erste Wiedersehen nach dem Kriegsende mit meiner Mutter und den Geschwistern, als ich mir einige Fachbücher und eine Zivilkleidung geholt habe und über die grüne Grenze im Harz nach Naumburg gekommen bin. Die Strafe wegen illegalen Grenzüberschritt schmerzte nun nicht mehr so stark., konnte auch wieder über den gleichen Weg zur Verlobten in die Ami-Zone. [...]

Für mich noch erwähnenswert zu Naumburg 1942:

Nach über 13 Monaten Dienstzeit mit gerademal 19 Jahren das erste Mal Urlaub. In Naumburg im trauten Familien- und Bekanntenkreis auch Feststellung, daß um Stalingrad schwer gekämpft wird. Mein Überzeugung wir werden diese Stadt einnehmen, kam die Gegenfrage: was gibt es, wenn der Russe nach Naumburg kommt, sagte ich nichts, dann ist der Krieg bald aus. Damals Gefreiter. Meine Überzeugung, bei eisenhaltiger Luft hätte es keinen Urlaubsschein gegeben. Beim Beginn der Sommeroffensive im Osten hieß es von unseren Luftflottenchef General Feldmarschall von Richthofen: der Kampf um Stalingrad hat begonnen, mit stalingrad steht und fällt der Deutsche Endsieg. Die anderen Worte sind nicht so in Erinnerung geblieben. Als ich vom Urlaub wieder bei der Staffel war, hörte ich, daß es überall Urlaubssperre gegeben hatte und auch bös rund ging.
[...]. Vom Luftlande-Geschwarder wurden große Verstärkungen per Bahn und auf dem Luftwege für den Kesseleinsatz Stalingrad bereitsgestellt. Hierzu wurde auch technisches Personal gesucht, das freiwillig mit in den Kessel fliegen sollte zum Entladen, Beladen, Schnellreparaturen und als Starhilfe (vor allem aber Verwundeten-Transporte). Vielfach gingen bei den freiwilligen Meldungen die Arme nicht hoch genug. So waren wir vom Erfolg überzeugt. Ich selbst war 3x eingeteilt zum Reinfliegen und wir sind von Saparosje/Ost aus zum Einsatzhafen gestartet, mußten aber genauso oft ausklinken, da wir an unseren “Leukolplast-Bomber” Vereisung hatten und gerade noch Außenlanden konnten. Wenn gegen Mittag es etwas wärmnwe wurde und das Eis am Flügel und Höhenruder getaut war, Flächenheizung war noch ein Fremdwort, und das Gelände zum Start geeignet, wurde wieder zurückgeflogen. Es mußten aber auch einige Lastensegler abgerüstet und per LKW über die Straße zurückgebracht werden. Der Kesseleinsatz wurde abgebrochen und wir begriffen so langsam, daß uns viel Not und die Gefangenschaft erspart blieb. Die fliegenden Transport-Verbände kamen zur Krim, um Kaukasus und Kuban-Truppen, auch wieder viele Verwundete zurückzubringen. Es kam der Glaube und das Wissen ganz aus dem Gleichgewicht.
Hierzu noch einige Begebenheiten von mir aus dieser Zeit [bei der Liegeplatzwache]. [...]. Wir hatten an herumliegenden aber fest gefrorenen Feldbahngleisen einige Lastensegler verankert (angebunden). Erdanker, die dafür bestimmt sind, ließen sich sehr schwer in den gefrorenen Boden drehen. Nachts gab es mit dem Sturm Tauwetter, so stark, daß 2 Lastensegler angehoben und einige Meter zurückversetzt wurden und dabei schwer beschädigt wurden. Den Staffelkapitän vorm Kriegsgericht konnte aber keine “Sabotage” nachgewiesen werden. – Ein weiteres Erlebnis bei der Liegeplatzwache: Die jeweiligen Posten konnten mit normalen Stiefeln in die Überstiefel aus Filz und die Sohle aus Holz steigen. Ein Übermantel aus Schafspelz war sehr dienlich. Aber die vereiste Rollbahn und der starke Wind verlockte zum Eissegeln bei weit geöffnetem Schafspelz. Die körperliche Bewegung [war] willkommen. Dies alles wurde angezweifelt von den eigenen Kameraden und nach Kriegsende auch von einigen Zivilpersonen. Aber, wenn bei der starken Kälte, beim menschlichen Bedürfnis mal ne Stange Wasser abgestellt werden mußte, hieß es Beeilung, weil wenn angefroren unten gegengetreten werden mußte, um das Eis abzubrechen. Dies wurde oft für wahr gehalten, obwohl es nicht passiert ist. Das vorher Geschildete ist Tatsache, aber oft für Flieger-Latein gehalten.

Erklärung zu Lastensegler:
[...] Deutschland hatte vorwiegend 3 verschiedene Größen im Einsatz als Truppen- und Material-Transporter. Die DFS [Deutsche Forschungsanstalt für Segelflug] 230, die GO [Gotha] 242 und den Gigant. Diese wurden mit einem Motorflugzeug durch ein Stahlseil verbunden, geschleppt und in vorher bestimmter Höhe und Entfernung zum Ziel gebracht. Normalerweise wurde vom Segler das Seil ausgeklingt. Der Motorflieger konnte im Notfall auch das Seil ausklinken, warf aber am Flugplatz das Seil neben den Segler ab, ließ es beim Rückflug anhängen bis kurz vor der Landung. Bei Punkt-/ Ziellandungen wurden Bremsfallschirme verwendet.