Vater als Schulelternvertreter und der Lehrer Schwarz tun sich damit besonders hervor, dass sie die Schüler bei jeder Gelegenheit auf fortschrittliche Gesinnung hin testen. Das Hauptinteresse der Genannten ist die forcierte Umsetzung der Lehren von Marx bis Stalin im Arbeiter- und Bauernstaat; die Oberschule ist dabei ihre bevorzugte Spielwiese. Zwar sind sie hier noch Einzelkämpfer, aber sie werden von allen anderen doch schon mit viel Vorsicht behandelt. Denn hinter ihnen stehen die Partei (SED) und der Sicherheitsapparat. Und bereits allzu viele schweigende Mitläufer.
“Es war im März 1953, als alle Schüler und Lehrer sich zur Trauerfeier für den verstorbenen ‘Führer des Weltfriedenslagers’ J. W. Stalin in der Aula einfinden mussten. Außer ein paar FDJ-Funktionären zeigte kaum jemand Trauer.[ Die Funke stand bei dieser Schulversammlung vorn in der Aula mit verweintem Gesicht!] Deshalb ging es nicht ohne Getuschel, Lächeln oder frotzelnde Zwischenbemerkungen. Wache Augen von der Galerie registrierten jede ‘provokatorische Störung’. Sie wurden zum Anlass für den unfreiwilligen Abgang einer ganzen Reihe Schüler und Lehrer von der Naumburger Penne. Weitere Anlässe kamen hinzu oder wurden an den Haaren herbeigezogen.” (Zitat aus einem Zeitungsartikel im Naumburger Blatt vom 31. 10. 1996 anlässlich des 40-jährigen Abiturstreffens einer Jahrgangsstufe aus dem ehemaligen Lepsius-Gymnasium /der Oberschule.)
Folgendes trug sich in den folgenden Tagen zu. Eines Abends im März 1953 kommt mein Bruder mit einem seiner Freunde von einer Veranstaltung. Ich zitiere aus einem Brief meines Bruders zu diesen Vorgängen: “Aufgrund des hinterhältigen Betreibens der FDJ-Sekretärin Funke und wohl auch auf Mitbetreiben ihres Vaters waren unsere besten Lehrer von der Schule geflogen. So hatten Bernhard H. und ich (ein 3. Sportsfreund war noch dabei) bei einer abendlichen Sportgruppe für Geräteturnen beschlossen: ‘Was die Funken an schmutzigem Zeitungsgeschmier verdient hat, das kann sie für Fensterscheiben wieder ausgeben!’. Also zogen wir mit dem 3. Ortskundigen Sportsfreund vor das Funkesche Haus und warfen ein oder zwei kleine Pflastersteine durch die uns gezeigten Fenster. Am nächsten Tag ging gleich in der Schule die Hetzjagd los. So weit ich mich erinnere, war Schwarz der erste Lehrer, der gleich früh in unserer Klasse den verbrecherischen Anschlag auf eine verdiente FDJlerin ansprach. H. und ich haben uns mächtig gewundert, dass er so zielgerichtet auf uns losging. Wir merkten dann aber, dass Schwarz nur von einem Verdacht gegen unsere reaktionäre Klasse geleitet war. M. z.B. war nicht in der FDJ, ob auch andere, weiß ich nicht mehr; viele gehörten jedenfalls zur Jungen Gemeinde!”
Alle “Übeltäter” schaffen es also, einen harmlosen und ahnungslosen Eindruck zu machen. Sechzehnjährigen fällt so etwas bekanntlich nicht sehr schwer. Noch ein, zwei Tage durchhalten, meinen sie, dann sind Osterferien! Die Aufregung wird sich bis zum neuen Schulanfang gelegt haben! Denken sie! Doch weit gefehlt - gegen Ende der Ferien wurde einer der Freunde verhaftet und von der Volkspolizei vernommen. Er konnte aber entfliehen und die anderen benachrichtigen, sodass sechs Freunde an den letzten Tagen der Osterferien “in den Westen abgehauen sind”.