ich ihn Sonntags am Nachmittag ständig besuchen sollte.
Der Großvater besass ein Kurzwarengeschäft und war gelernter Bäcker, er war seit Jahren verwitwet. Zum Wochenende buk er immer für sich einen Kuchen. Wenn ich zu ihm zu Besuch kam, gingen wir immer spazieren. Dabei lernte ich im Alter von 4-8 Jahren die Umgebung Naumburgs kennen. Ausflüge nach Schönburg, Bad Kösen, in das Pfortenholz, zum Fürst-Heinrich-Stein und Napoleonstein oder zu Verwandten nach Heiligenkreuz waren jede Woche an der Reihe. Kamen wir bei der Brücke in Großjena an, dann hielt er am heute noch stehenden Brückenhaus an, um den fälligen Brückenzoll zu zahlen. Bei seinen Ausflügen kehrten wir niemals ein, mein Großvater hatte aber immer einen kleinen Karton mit, der sorgsam verschnürt war. Unterwegs machten wir dann etwa auf halber Strecke eine kleine Rast auf einer Bank. Dabei erinnere ich mich, dass wir oft auch die Otto-Walter-Hütte im Pfortenholz nahe der Kohlenstraße aufsuchten. Bei der Rast packte er seinen Karton aus und mehrere Stücken Kuchen kamen zum Vorschein. Wir ließen sie uns immer gut schmecken. Danach erlaubte er sich immer einen kleinen Spaß. Er warf den leeren Karton nicht einfach weg, er packte ihn jedesmal ordentlich zusammen. Dann verschnürte er ihn und stellte ihn einfach wieder auf der Bank ab, als habe man ihn vergessen. Er freute sich dann insgeheim, wenn ihn andere Spaziergänger nach uns fanden, ihn neugierig auspackten und ihn leer vorfanden. Auf diesen Ausflügen wurde mein Interesse an der Naumburger Umgebung und der Natur erstmals geweckt, was dann im Heimatkundeunterricht in der Schule verstärkt und später als Erwachsener zu meinem Hobby wurde.