voraus. In Pforta holte uns der große Wagen ein, der in Pforta hinein fuhr. Wir fuhren weiter und bogen an der Windlücke links ab zum Wald, wo wir auf die anderen warteten. Von dort fuhren wir durch das Mordtal bis über Weidmannsruh, wo wir ausstiegen und den Berg hinangingen, um Himmelsschlüssel zu suchen. Die Wagen kamen auf einem Umweg nach. Wir fanden auch eine ganze Masse, es waren aber noch nicht alle aufgeblüht. Dann aßen wir Frühstück mit Eiern und fuhren über den Geiersberg durch Flemmingen hinunter, wo ich ausstieg und nach Hause ging. Zu Hause wurde Mittag gegessen und nach Tisch las ich und schrieb. Am Nachmittag war es sehr gemütlich unter uns. Wir spielten bei ziemlichem Wind, der gar nicht aufhören will, Bogia [Boccia]. Es war zu hübsch, der Wind trieb die Kugeln auch immer wieder zurück! Da haben wir was gelacht! Dann gingen wir rein und musizierten, was ich immer sehr gern habe! Hans ging nun zu Großmama, wo er zum Abendbrot und zum Theater (Alt Heidelberg) eingeladen war, was ihn natürlich sehr erfreute. Wir aßen Abendbrot und Nachtisch blieb Ilse noch etwas auf, um zu sehen wie Abends das wär. Dann gingen wir beide zu Bett und schliefen herrlich.[...]

Sedansfest 1912

Walter Broche Sedan-Trommler
Walter Broche als "Sedanstrommler" 1912

Ich hatte das ganze Jahr trommeln geübt und war auch heute zum Sedansfest Trommler. Wir versammelten uns auf dem Vorderhof und marschierten dann los. Unser Trommeln ging sehr gut. Leider hatten wir die traurige Kurkapelle aus Kösen zur Musik. Fr. Mathes, ihre Schwester und Ilse gingen auch auf den Hirschplatz. Als wir kurz davor angelangt waren, fing es plötzlich furchtbar an zu regnen und hageln. Es schüttete, was nur vom Himmel runter wollte. In nur 1 1/2 Minuten war ich durch. Wir hörten auf zu trommeln, denn zum Einzug soll ja die Kapelle blasen. Aber sie ging auseinander. Wir aber fingen trotz dem größten Wolkenbruch an zu trommeln und wir zogen in bester Ordnung ein. Alles hatte sich geflüchtet. Das war aber schneidig, fein! Frl. M. usw. standen da und wir flüchteten uns in Furchts Bude, wo ich mich am Herde wärmte, meine Turnjacke auszog und sie allmählich trocknete. Es dauerte eine ganze Zeit, bis es aufhörte. Da gingen Ilse usw. gleich nach Hause.
Ich aß noch Kuchen und trank Schkolade und wollte dann mit Hans nach Hause gehen. Denn für heute war es mit dem Sedan aus. Aber da wurde ich von Baunes (Tambourmajor) gerufen, da die Fahne mit Musik nach Hause gebracht werden musste. Wir zogen ab, die Fahne und eine Anzahl Domschüler, die sich langsam vergrößerte, hinter uns. Teils mit Gesang, teils mit unsern durch den Regen dumpf klingenden Trommeln durchs Buchholz zum Waldschloß. Es ging fein! Nun ging es weiter durch die Jahnstr. und durch die Stadt immer mit dem Preußenmarsch zum Dom. Dort hieß es links um und Winter hielt noch eine feine Rede, die mit einem begeisterten, brausenden Hoch auf den Kaiser schloß. Alles war begeistert. Die Fahne wurde rein gebracht und von Läufer kommandiert: “Tretet weg!” Begeistert kam ich nach Hause und erzählte dort der Frl. M. und ihrer Schw. und I. voller Freude alles. Ich war furchtbar patriotisch gestimmt und sang viel patriotische Lieder. Und mit dem Bedenken: “Ein so schönes Sedanfest hast du noch nie erlebt” ging ich noch voller Begeisterung ins Bett.[...]

Dienstag, d. 24. XII 1912

Heute Heiliger Abend! Hurra! Das Weihnachtsfest ist gekommen! Nun heute Vormittag gab es tüchtig mit Weihnachtsvorbereitungen zu tun. Es wurden Gedichte verfertigt, die Geschenke eingepackt und die Pakete mit Tannengrün geschmückt. So geschieht es alljährlich Heiligmorgens, bloß dass sonst das liebe Frl. Förtsch dabei hilft. Die ist ja jetzt in Freyburg im Breisgau zu Besuch, schade! Nach dem Kaffee gingen wir noch in die Stadt, um Bändchen und Papier zu besorgen. Sonst wurde der ganze Vormittag zum Packen gebraucht und immer mit dem herrlichen Gedanken: Heute Abend herrliche Bescherung! Dazwischen wurde noch Friedrich in Vaters Zimmer beschert. Zum Mittagsbrot gab es nur was Einfaches. Nachtisch ging ich in die Stadt und holte Bändchen. Dann schrieb ich in dich, mein Tagebuch. Auch schwatzte ich noch viel mit Günter. Nach dem Kaffee gingen wir rauf und zogen uns für heute Abend um, herrlich. Da tönte mit einmal Musik, die Jägerkapelle brachte Dassels ein Ständchen, das jeden heiligen Abend gemacht wurde. Nach dem Umziehen gingen wir in den Garten und hörten weiter zu. Die Weihnachtslieder klangen wundervoll. Jetzt freuten wir uns aber! Wir gingen rein und blieben in meinem Zimmer. Jetzt war im Weihnachtszimmer (Musikz.) alles fertig und Vater begann die Lichter anzustecken. Wir anderen saßen im Esszimmer. Da klingelte es (Vater). Ach, jetzt geht es los! Bevor aber die Schiebetür aufgemacht wurde, sagte Ilse noch ein Gedicht auf. (Großmama kam heute nicht so früh, wie andere Jahre; sie ging nämlich in die Christfestper. Und sie kam erst 1/2 7.) Jetzt öffnete Vater die Tür. Vor unseren Augen breitete sich der Lichterglanz aus, herrlich.

Hans und Walter Broche im Familien-Garten, 1900
Hans und Walter Broche im Familien-Garten, 1900

Wir blieben lange vor dem Weihnachtsbaum stehen. Ilse wurde zuerst an ihren Platz geführt, dann ich und Hans. Alles jubelte vor Freude. Ilse besonders, weil sie ein Tischkrokett bekommen hatte. Und ich hatte auch massig viel bekommen. Das Schönste war ein Meccano IA, ich hatte voriges Weihnachten schon I bekommen, dann einen Papiertorp. und 7 Bücher, darunter 2 Bände Deutschlands Jugend, wovon ich nun im Ganzen 7 habe. Alles herrlich. Dann holte ich ein dünnes Paket heraus, das, als ich es öffnete, ein langes Gedicht von Vater enthielt und 20 M. Ich las es vor (es war ein Hexamter), worin stand, wenn ich öfter in der 1. Hälfte versetzt würde, ich das übrige Geld für einen Photographenapparat, den ich mir nämlich gewünscht hatte, bekommen würde. Dann habe ich auch noch ein anderes erhalten. Herrlich! Auch die Eltern gingen an ihre Plätze. Mutter fand zu ihrer großen Freude uns viel siluettiert vor. Denn Frl. Borsig hatte doch einen Nachmittag Silhuetten gemacht. Vater freute sich besonders über unsere schönen Gedichte. Dann kam die Post, wo ich von Großmutter Spieß ein herrliches Bild bekam, aus dem Stall ein Pferd mit Hunden, Pendant zu dem anderen, was ich voriges Weihnachten erhalten hatte. Darüber habe ich mich furchtbar gefreut! Dann kam der musikalische Teil, wozu wir doch schon immer geübt hatten. Erst spielte Ilse O du fröhliche, dann ich Christglocken (mit dem Pizz.), dann Hans von Bach was und ich die schöne Legende und zum Schluß Mutter und Hans vierhändig. Alles ging sehr schön und Vater freute sich sehr! Das Abendbrot schmeckte herrlich, der Karpfen mit Wein! Um 10 ging Großmama. Hans und ich brachten ihr das schöne Bild von Pontresina runter. Bis um 11 blieben auch wir noch auf und dann gingen wir zu Bett. Wir dankten den lieben Eltern für all’ das Schöne und dankbaren Herzens schlief ich in den ersten Feiertag hinein!