Kleiderordnung 1549
Bischof Julius Pflugs Naumburger Kleider- und Hochzeitsordnung von 1549
Signatur: SAN Urkunde 206/1: Kleider- und Hochzeitsordnung
Papier mit Pergamenteinschlag, mit Unterschrift und Siegel Julius von Pflugs (Siegel gebrochen)
24 beschriebene und 4 unbeschriebene Blätter; 30,5 x 22 cm
dat. 28. Januar 1549
Kleiderordnungen sind aus Frankreich, Italien und Spanien seit dem 13. Jahrhundert bekannt. Aus deutschen Städten sind die ersten Beispiele für die Mitte des 14. Jahrhunderts belegt (Nürnberg, Speyer, Frankfurt/M.), mitteldeutsche Städte folgen ab der Mitte des 15. Jahrhunderts (Dresden, Leipzig, Freiberg, Oschatz, Borna etc.). Deutlich später wurde das bisher älteste derartige Dokument aus Naumburg angefertigt: die von Bischof Julius von Pflug am 25. Januar 1549 erlassenen „Kleider- und Hochzeitsordnung“, die im Stadtarchiv Naumburg verwahrt wird.
Anlass der Verordnung war die am 30. Juni 1548 auf dem Reichstag in Augsburg erlassene Neufassung der Reichspolizeiordnung (eine Art Grundordnung für die Verwaltung und das öffentliche Leben im Reich), in der ausdrücklich dazu aufgefordert wurde, dass „eyn yede Oberkeyt / in Jars frist / dem nechsten / bey peen zweyer marck löttigs goldts / schuldig sein soll / iren underthanen eyn gute / erbare / bestendige Ordnung zumachen“. Es verwundert nicht, dass Pflug sich beeilte, den kaiserlichen Befehl rasch umzusetzen, war es doch die „katholische Majestät“, der Pflug die Wiedereinsetzung in das Bischofsamt letztlich verdankte.
Kleider- und andere Luxusordnungen waren Teil der Polizeiordnung. Ihnen lagen heterogene Absichten zugrunde, insbesondere aber sollten sie übermäßige Verschwendung verhindern und den Einzelnen vor einem ruinösen Übertrumpfungswettbewerb bewahren, wer das teuerste Gewand trage, wer das aufwändigste Hochzeitsmahl ausrichte etc. Es kam hinzu, dass solche Ordnungen und die damit verbundenen Strafen ein willkommenes Instrument zur Generierung von Einnahmen darstellte (der Stadt wurde lediglich ein Drittel der Einnahmen als Aufwandsentschädigung zugesagt).
Waren frühere stadtbezogene Polizeiordnungen zumeist von den kommunalen Verwaltungsorganen erlassen und damit ein Instrument der bürgerschaftlichen Sozialkontrolle, so änderte sich dies mit der Herausbildung der Territorialstaaten. Mit der Naumburger Kleiderordnung von 1549 griff der bischöfliche Landesherr direkt in das Stadtleben ein und er beschnitt damit ein Stück jener Freiheiten, die sich die Stadtbürger in den vorausgehenden Jahrhunderten mühsam erworben hatten. Die Kleiderordnung war nicht nur ein Instrument der Disziplinierung, indem sie minutiös vorschrieb, wem welcher Kleidungsstoff, welcher Pelz, welcher Schmuck zustand, der Erlass selbst war ein Akt der Disziplinierung, denn der Stadt und ihrem Rat wurde damit klar vor Augen geführt, dass es mit der bürgerlichen Selbstverwaltung langsam zu Ende ging. Der Eingriff in das Selbstverständnis der Bürgerschaft äußert sich besonders deutlich – auch dies ist zeittypisch – in der Gliederung der Stadtbewohner nach „Ständen“. Der Bischof fasste kurzerhand die Bewohner der Bürgerstadt-, der Vorstadt- und der Domfreiheit zusammen und teilt sie dann in drei Stände, die primär ökonomisch definiert waren, wobei im dritten Stand die Mehrzahl der Einwohner landete, nämlich sowohl die Bürger, die nicht in die ersten Kategorien (Amtspersonen, Krämer und Meister) gehörten, als auch die Angehörigen unterbürgerlicher Schichten wie Nachbarn, Hausgenossen, Dienstboten und andere. Mit dem Rückgriff auf den feudalen Standesgedanken wurde das (im Ideal egalitäre) Konzept des freien Bürgers, der unabhängig von seinem ökonomischen Status eine besondere Rechtsstellung hat, massiv unterhöhlt. Es ist daher kein Wunder, dass Pflugs Kleiderordnung in der Bürgerschaft auf wenig Gegenliebe stieß, obwohl einige Bedenken des Rats sogar in die Endfassung eingeflossen waren. Flugblätter („Schmähekarten“) tauchten auf, die Stimmung dagegen machten und der Rat ersuchte schließlich den Bischof, „anhero gelangen zu lassen, dass diese Ordnung von Ihro F[ürstlichen] G[naden] und nicht vom Rat herkomme“.
Lit.: Liselotte Constanze Eisenbart: Kleiderordnungen der deutschen Städte zwischen 1350 und 1700. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte des deutschen Bürgertums. Göttingen 1962. (Göttinger Bausteine zur Geschichtswissenschaft, Band 32.)
Stadtarchiv Naumburg, Urkunde 216/1.
Die Abschrift folgt dem Original weitgehend buchstabengetreu, Seitenumbrüche wurden mit ”|” markiert. Um die Lesbarkeit zu verbessern, wurde jedoch die Interpunktion und die Groß- und Kleinschreibungen heutigen Gewohnheiten angenähert.
[Der Text wurde übertragen von Siegfried Wagner.]
Von Gotts Gnaden wir, Julius erwelter und bestetigter zum Bischoff zur Naumburgk, bekennen himit vnd thun kundt: Nachdem vns, sinte wir, aus Schickunge Gottes, zu Regirung vnsers Stiefts kommen, manchfeldig angelangt, wie vnsers Stiefts Vnderthanen, in Stedten vnd Dorfern durch vbermessigen Kosten, Kleydung, Hochzeiten, Kindteuften, Dreywochen, Kirchgengen, Gastereyen, vnd ander Quas, die bey inen teglich, mehr vnd hoher einriessen, in mergkliche Apnemunge irer Narung, Armut, vnnd Verderb gediehen, der wegenn wir angesucht wordenn, solch Vbel mit zeitlich radt apzuschaffen.
Wann wir dann vormarckt, das | vnsere Vnderthanenn fallen, vnd Schmelerung irer Narunge, sich vornemlich hiraus Vrsache vnnd solcher Hoch- vnd Vbermuth, Vnordnung, Vberschwencklich Zerung, Schlemmen vnd Prassen, nit allein Anfangk, Mittel vnd Ende sey, zu Vnradt Vngedey, vnd Armut sondern das auch hiedurch zu vielen Lastern, Vrsache gegebenn vnd also Gott der Almechtige zum eusersten Zcorn wider vns bewegt; zu dem, das es menschlicher Vornunft vnd Natur, gantz vnd ghar zcuwider, hiraus auch mancherley Vnrichtigkeit vnd was auf Erden Arges sein magk, ervolget;
Unnd wir von wegen vnsers obligenden Ampts, vns schuldig erkennen, auch | gantz geneigt sein, solche hochnachtheylige Vnordnung, souil muglich apzustellen, domit vnser Stedte Policeyen, Regirung vnd hantirung, nit so ghar, wie der Wegk dartzu albereidt gemacht, sincke, schwinde vnd vndergehe, sonder mit der Zeit, sich wider aufrichten, wachsen, steygen vnd zunemen muge.
Hirumb vnd weyl auch vns neben andern Stenden des heiligen Reichs, auf jungst gehaltenem Reichstage zu Augspurgk aufgelegt, nach Geleigenheit vnsers Stiefts vnd desselbten Gebreuch vnd Gewonheiten, begueme Ordenung hirin zustellen, so haben wir diesen Dingen, nachvolgende Mas vnd Ordenung gegeben, vnd wollen, das es damit in vnser Stadt Naumburgk, auf der | Freyheit, vnd in den Vorstedten, daselbst, wie nachgeschrieben stehet von meyniglich bey außgedruckten Strafen, gehalten werden soll, gebieten auch dem Radte doselbst, vnd wollen, das sie von vnsert wegen, in der Stadt Naumburg der Ende, do vns die Gerichte vnd Strafen zustendigk, dorob gut Achtung geben sollen, damit solchs keydie Naumburger Amts- und Rats- Vorstädtenerley Weis, von imandt vbertreten werde, vnd das sie vns die aufgesetzten Pehne, vnd Strafen, von den Vorbrechern, ane eynige Nachlassunge, ader Ansehung der Persone, zum vleyssigsten einbringen sollen; dakegen vnd von wegen irer Muhe, so sie derhalben tragen, wollen wir inen, aus Gnad, | von den eingebrachtenn Bussen wann sie vns jherlich Rechnung davon thun werden, denn drittenn Theyll der Bussen volgen lassen.
Do wir auch berichtet wurden, das iemandt, wer der auch sey, diese vnsere woll vnd gnedig gemeinte Satzung vnd Ordenung vorechtlich halten, schimpflich dauon red ader sunst, wie leichtfertiger Leuth Brauch vnd Art ist, vorhönen wurde, der soll nach Geleigenheit wilkurlich von vns gestraft werden.
Ausgetzogene Personen Denen von Adel, Doctoressen vnd Licentiaten, sampt iren | Weybern, ob die gleich in vnsern Stedten wonen, lassen wir inen nach, sich mit Kleidung zu halten, vormuge des Reichs Policey, doch das derselbigen Maß von inen, auch nit vberhohet, noch in eynigen Wege, vbertreten werden soll.
Was aber die Geistlichen belangt, seindt wir bedacht, vormuge vnsers bischofflichen Amptes, denselbigen ire Reformationn stellen zulassen, vnd die Vorsehung zuthun, domit man von allen Theylen, one Ergernis beysammen leben mugen, vorsehen vns auch, sie werdenn sich vor ire Persone mit Kleydunge vnd andern der Gebur vnd dermassen vorhalten, das es dieser vnsern pillichen vnd erbarn | Ordenungen nicht zu wider sein wirdt. Souil aber ir Familien betriefft, wollenn wir die himit vnaußgezcogen haben, sunder das sie sich dieser vnser Ordnung in Abwege, wie andre gemeß, halten sollen.
Der Erste Standt vnd seyne Kleydunge
In ersten Standt sollen gehoren: Richter, Burgermeister Rats vnd Gerichts Personen, Magistri vnd Schulmeister, auch ansehenliche Kaufleuthe, so Gewerb mit seidener Wahr ader guthen auslendischen Tüchern vnd nit allein mit gering Kremerwerck treyben, deßgleichen ehrliche Burger, guter alter Ankunfft, vnd | Geschlechts, so irer jharlichen Renden, Zcins vnnd Guter leben ader sunsten von ehrlichen Emptern ader Einkommen sich enthaltenn. Doch so ferne solche ansehenliche Kaufleuthe vnd ehrliche Burger, wie oben gesetzt, do die zur Naumburgk wehren, nit Handwerger mit sein vnd vben, sampt dieser aller oberzalten, iren Weip vnd Kindern.
Roegk
Die mugenn tragenn Roegk von Schamloth, Vorstadt, engelisch purperganischen vnnd geringern Tuch. |
Rauch Futter
Vnder solche ire Kleider, mugen sie tragen lassenn Richter vnnd Burgermeister Marder vnnd was darunder; die andernn aber Füchssenn, Wolffenn, Fehen, Schmossenn vnd was darunder.
Wammes Gackenn vnnd Hals Goller
Mugenn sie tragenn Richter vnd Burg[er]meister, von Damaschken, ihre Weiber vnnd Tochter zum Gackenn auch Damaschkenn zum Gollern ader Sammet. Die andern Mannes Personen von seydenen Atlaß Carteck vnnd Schamloth, ihre Weiber vnd Kinder zu Gackenn Schamloth, Carteck, vnnd bruckisch Atlaß, zu Gollernn auch Sammat vnd was darunder |
Gebreme
Soll inen, irenn Weybern vnnd Kindernn, nicht mehr nachgelassen sein, dann an ire Kleider oben zuuorbremen, mit nur eynem Strich Sammat, ader was darunder; vnnd mit dieser Maß, das solcher Vncost vnnd Zcirde nicht steige noch mehr sey dan zu eynem Roegk eine Ellenn, zu eynem Wammes ader Gacken, ein Virtel einer Ellenn, vnnd sal hirinnen niemand mehr dann einer vnd nicht zwene nach mehr Sthriche, vber eynander zusetzenn nachgelassenn sein.
Goltt vnd Guldene Borthenn
Mans vnnd Weibs Personen mugen | tragenn Ringe; doch das sie alle ann eyner Personne vber funfzehen Gulden nit wirdig sein sollen. Kettenn sollenn die Menner nit tragenn, aber die Weiber mugen sie tragenn; doch nit vber tzehenn Guldenn Werth. Weibern vnnd Tochtern dieses Standdes, sol erlaubt sein, ein guldenn Bortlein vmb denn Hals, doch nit vber einenn Daumen breith. Denn Tochternn ein Berlebanth ader goltt Borttenn, auf ire Heupter, doch nit vber zwehenn vff ein Mahl auftzusetzenn. Dis soll alles vber zehen Gulden nit wirdigk sein. Denn Weybernn aber vnnd Junckfrauenn allenn zu gleich, sollenn himit, alle Golt Bortten, vnder die Schlaier zusetzenn, deßgleichen guldene vnnd flitterne, auch bahrlene Haubenn, gentzlich verbothen sein. |
Gurtell
Mugen die Weyber vnnd Tochter tragen mit vorgultten ader weyssenn Silber geschlagenn, doch nit hoher denn zehenn Guldenn wirdigk.
Kuerssenn
Sall keine vber tzehenn Guldenn werth, weder Weybernn nach Tochternn zutragen nachgelassen sein.
Schlayer
Schlaier mit Golt gestreifft, ader mit Golt Pleidenn betzogenn, deßgleichen alle gelbe Schleier, sollenn himit gentzlich verbottenn sein. |
Mantell
Sammet vnnd alle vnnottige Gebreme ann Frauenn Mantelnn sollen verbottenn sein.
Bareth
Sollenn denn mennernn carteckene vnnd wullenn, denn Weybernn aber keine, dann ire gewondtliche vnnd tegliche vonn Wolle zutragen nachgelassen sein.
Schweyffen
Mehr dann einenn Schweyff vmb die Kleider zutragen ader bessere Materi, denn davon das Kleid ann ine selbst ist, dartzuzugebrauchen, soll verbotten sein. |
Der Andere Standtt vnnd seyne Trachtt
Inn denn andernn Standt, sollen getzogen sein, gemeine Kremer redlicher Innungen ader Zunfftenn, Handwergs Meister, sampt iren Weibernn vnnd Kindernn.
Roegk
Dieselbigen mugen zum hochstenn tragen zu Roegken, einfachenn Vorstadt, purpurganisch, lundisch leydisch, mechelisch vnnd geringere Tücher.
Rauch Futter
Solche ire Rogke, mugen sie futternn lassenn zum hochsttenn mit Fehen, Fuchssen, Schmossenn vnd was darunder ist, doch sol iren | Weybernn Mardernn Khelen zu den Aufschlegenn, ann denn Gackenn, vnnd Hals Gollernn vnuerbotten sein.
Wammes, Gackenn vnnd Hals Goller
Mugenn sie tragenn von Schamloth Carteck, duppel Vorstadt vnnd was darunder, doch soll irenn Weibernn vnd Tochternn ein Hals Goller vnnd mehr nit von Damaschken vnnd was darunder zutragen nachgellassen sein.
Gebreme
Mugenn sie vmb ire lange Kleider legen lassenn vonn Sammeth vnnd was darunder ein Strichlein dreyer Finger breith, doch das solch Sthrichlein weiter nit außtrage des an einem Rogke, | ein halb Ellenn, an einer Gacken ein Virtell, vnnd an eynem Wammes, ein halb Virtell einer Eln.
Goltt vnnd guldene Borttenn
Mans vnd Weybes Personen mugen tragen Ringe, doch das die alle an eyner Person vber acht Guldenn nit wirdig sein sollenn. Ketten aber sol inenn zutragenn ghar nit geburen. Die Weiber und Tochter mugen tragen ein Golt Bortlein vmb denn Hals, eins Fingers breith, die Junckfrauen ein berne Bentlein vnnd ein Golt Bortenn auf iren Heupternn, doch nit vber eines Daumenn breith, vnnd in gesampt vber acht Guldenn nit wirdigk.
Gurtell |
Mugenn sie tragen mit Silber beschlagenn, doch vnvergult vnnd das eins vber sechs Guldenn nit wirdigk.
Kuersenn
Mugen sie tragen, bis in acht Guldenn vnd nit hoher wirdigk.
Bareth
Sollenn sie hoher nit, den wullene tragen vorbremet, ader gefuttertt nach außgedruckter ires Standts Maße.
Schleyer, Mantell, Haubenn vnnd {tip text="Schleppen"} Schweyffenn{e/tip}
Sollen wie dem erstenn Stande zutragen Maße gesetzt, auch verbotten sein. |
Der dritte Standt vnnd seyne Kleidunge
Inn denn dritten Standt sollenn gerechent sein, alle Burger, die vnder dem ersten vnnd andernn Stande obenn nit begrieffenn noch benennet sein, Haußgenossenn, Dinstbothenn, vnnd andere, sampt irenn Weybernn vnnd Kindernn.
Roegk
Zu Rogken vnnd Menteln, mugen die tragen, harres lundisch Tuch vnd was darunder.
Rauch Futter
Soll inenn nachgelassenn sein weysse Schmossen ader Lampfell, irenn Weip vnnd Kindernn zu Aufschlegen ann Hals gollernn, Fehen vnd was darunder. |
Wammes Gackenn vnnd Halss Goller
Soll inenn nachgelassen sein, vonn Sattin, Harres, pruckischen Atlass, Barchant, lundisch Tuch, vnnd was darunder zutragen, doch sol der Atlass allein zu Hals Gollernn gemeinet sein.
Gebreme
Mugenn sie vmb ire Kleider gebrauchen eynenn seidnen Harres ader Atlaß Borthenn, eins zweier ader dreyer Finger breith vnd was darunder auch nuhr vonn einem Strich.
Borttenn
Guldene Bortenn vnnd Behrlene Bender, sollenn inenn gentzlich verbottenn sein, aber ein | sammet ader seidenn Bortlein eines Daumenn breith, vnnd hoher nicht, erlaubt sein.
Gurtell
Sollenn sie tragenn, ane alles Silber vnnd Golt.
Kuerssen
Sollen sie sich zutragen gentzlich enthaltenn. |
Gemeine Artickell auff alle Kleydunge
Es soll hinfurt meiniglich so seinen Auf- vnnd Enthalt in dieser Stadt ader Nachbarschafft habenn wil, verboten sein, die zcotichtenn lesterlichen Hosenn, Wammes vnd zur fleischte Geseß auch denn Weybern vnnd Junckfrauen aller Stende die neue landsknechtische Art, mit den vnden außgelencktenn vberschrenckten spitzigen Schossen an denn Gackenn, vnd alle neue Fundelein, als gefaltnene Ermell nach Mannes Wammesser Arth vnd was dem gleich formigk; in Gleichnis sollen die leichtfertige Weiber Schurtzenn von Damaschken vnd allerley seidenn Gewant, mit vnd ane Gebreme, item die kurzen Mentelein, die fornn nach hinndenn | (mit Zuchten) die Scham bedecken, item die durch zogene gestulptten Hosenn vnnd Wammes, die Hembde mit Golde außgenehet an Mannes Personen, auch dem weiplichen Geschlecht, alle Halsgehenge, ausserhalb der Kettenn wie obberurt, apgeschafft vnnd verbotten sein. Doch sollen die frembde Handwergs Gesellen, so die Landt durch zihen vnd von Wochenn zu Wochenn vonn Meistern aufgenommen vnd gedinget werden, wann sie der gleichenn zuschnitene Kleidung, von anders woher gemacht, ghen Naumburg bringen vnd dieselbigenn antragenn wollen himit vnuorstrickt sein, Gleichwol sol inenn derselbigen Kleidung keins zur Naumburg gemacht werden. Was auch anders erbetsam Volck als Haus Knechte, Dienstbotten vnd dergleichen Personenn sein, so zu | Jharenn ader halbenn Jharen gedingt werdenn, dieselbigenn sollenn nichts weniger denn Einheimische solche vnser Ordenung zuhaltenn vorbundenn sein.
Straffen
So jmandt befundenn wirth, der inn diesenn vnsern obgeschriebenn Ordnung vnd Satzung einem ader mehr Artigkelnn brüchigk, der soll so offt das geschicht, des Kleides ader Kleinats, damit er vbertrettenn, vorlustig, vnnd dartzu zwifacht souil, als das Kleidt ader Kleinath werth, vnns zu Straff zugebenn verpflicht sein.
Die Schneider, Kürschner, Goltschmide ader auch ander Handtwerge, die | solche Kleidung ader Kleinath vnseren Vnderthanenenn zur Naumburgk, dieser vnser Ordnung zu wider zutragenn, machen vnd arbeittenn werdenn, die sollten so offt das geschicht, vns souil zur Straff zureichenn schuldigk sein, als sie ann solichem vngepurlichenn verbottenen Kleydungenn ader Kleinottenn vor dinet, vnnd zu Lohn entpfangenn habenn, alle behelff vnnd Außflucht hinden gesetzt. Wurden aber dieselbigenn Handwerger, solche ire Arbeit, also hetten sie die nicht gemacht, leugknenn, vnd wurdenn gleichwohl des scheinlich vber weist, so sollen sie die Straff zwifacht gebenn.
Hochtzeiytt Ordenung zur Naumburgk |
Inn dieser vnnd nachvolgender Artigkell Ordenung sollen die vom Adell, Doctores vnnd Licentiaten, sampt irenn Weibern vnd Kindern, weil ire Personn solche allein nit betreffen, auch gleich andern im erstenn Stande mit eingezogen sein.
Vorlubde
Zur Vorlubde, soll keinem Standt vber zwene Tische Geste zubietten erlaubt sein, alle Freundtschafft, auch Gesellenn vnd Junckfrauen himit eingerechent. Auch mehr nit, dan vier Essenn auf idernn Tisch zugebenn. So jmandt damit vberfaren wurde, der sol von ider Persone | die er hiruber gebettenn, deßgleichen vonn idenn Gerichte, so er hiruber gegebenn, alwege einen Guldenn, zur Straff vorfallen sein.
Es sollenn auch keinem Stande Drummen ader Pfeiffen, sondern allein Seyttenn Spill hirtzu zugebrauchen erlaubt sein. So sol auch kein Tantz vor den Thurenn zuhaltenn gestatet werden, ides bey Peen zehenn Gulden.
Hochtzeyt Geste
Denn im erstenn Standt sollen mehr Geste nicht, zu irenn, irer Weib vnnd Kinder, Hochtzeitten | den zehenn Menner, zehen Weiber, zehen Junckfrauen vnnd zehen Gesellen zubittenn nachgelassenn sein. Doch sollenn in diese Zcal Landtfrembde Leuthe, der gleichwol nimmer an Man, Weybernn, vnd allen Personen auch vber zehen geladen werden sollenn desßgleichenn des Breutigams vnd der Braut Eltern, Tauffbottenn, vnnd Vormundenn auch Brudere vnnd Schwester, sampt derselbenn Brudere vnd Schwestere Kindernn, item der Wirt, in des Behausung die Hochtzeit gehalten mit denn Seinen, nicht eingetzogen sein.
Da es sich auch begebe, das Breutigam vnd Brauth Landt frembde Leuthe zu iren Ehren vnnd Freud einladenn lassen vnnd doch derselbigen eigeladener frembder | Leut Personenn vnd zehen weren, so sollenn sie dann Macht haben, do kegenn souil einheimischer Personen als an denn Frembden zehen mangelt, an der Frembde stadt zubittenn, vnnd do ghar keine Frembde geladen wurdenn, sal auch gleicher Gestalt nachgelassenn sein, zehen andere Einheymische Personen an irer stadt zubiethen.
Zu dem sollenn auch die Diener als Koch, Keller, Auftrager vnd andere in der Antzal außgeschlossen sein.
Es sollenn aber die von der Freiheit vnd inn Vorstedten, nach die so in den negsten Dorffern, das ist auf ein halb Meill Wegs wonen, vor Frembde kegen die Stadt vnd auch hinwider nicht geachtet werden. | Es soll auch denn Eltern vnd Vormunden aller dreyer Stende verbottenn sein, ire Kindt vnd Mündelein, so nach ires Alters vnder zehen Jharenn sein, auf Hochzeiten gehen, sunderlich zu Tisch setzen, vnnd zum Tantz gebrauchen zulassenn, vngeacht wie nahe sie Braut vnd Breutigam mit Freundtschafft vorwandt sein, alwege bey Peen eins Guldens, sie woltenn sie dann Braut vnd Breutigam zu Ehrenn allein in vnd aus der Kirch beleitten lassenn, das sol inen nachgelassenn sein.
Denenn im andern Stande sollen mehr dann sieben Man, sieben Weyber, sechs Junckfrauen, vnd sechs Gesellen, auch Landt- | frembde sechs Personen, mit dem Maße vnd mit dem Vorstandt der Freundtschaftt, wie dem ersten Stande, auf ire Hochtzeittenn zubittenn nit zugelassen sein.
Denenn im dritten Stande sollen mehr nicht denn zwene Tische vberal, nimandt außgeschlossen dan die Haus Diener, auf ir Hochzeittenn zulandenn gestattet werdenn.
Die Straff des Vbertretters soll sein, vonn ider Person, wie obenn gemelt, ein Gulden.
Essen auff Hochtzeytten |
Zu solchenn hochtzeitlichen Ehrenn ist genugh dem ersten Stande, vffs hochste zugeben, sechs Essenn, ane denn Kessenn.
Dem andernn Stande sollen nuhr fünff Essenn vnd der Kesse erlaubt sein.
Im drittenn Stande sol mann nit hoher, dan mit vier Essenn vnnd dem Kese speisenn.
Alles bei Straff zehen Gulden, so offt imandt hirin felligk wurde.
Hochtzeit Tage
Aller Stende Hochtzeittenn vnnd Tage sollenn also angestelt werden: | Das des ersten Tags, allein zur Abendt Malzeit, vnnd allein die negsten Freunde, Tauf Bothen, Vormunden, vnd Landtfrembde, welche im erstenn Stande in die zugelassenen zehen Personen vnd im andern Stande in die zugelassenen sieben vnnd sechst Personenn nit mit eingerechent sein, noch obangezeigter Maße, geladenn vnd gespeist werdenn mugen. Es soll auch des Abents der Kirchgangk auch das Bey Lager, bis zum Andernn rechtenn Hochtzeit Tage nachpleiben.
Des andernn vnd rechten Hochtzeit Tags, sollen alle geladene Geste, vnd Personen, nach vorgesetzter Antzal frue vmb zehen Vhr, vnd auf den Abent vmb fünf Vhr gespeiset werdenn, Darnach | soll man sich mit zeitlichem Kirchgangk, Tantzenn vnd in der Kirchen richtenn.
Vnnd soll denn erstenn, auch denn andernn Abent, zwischen achten vnnd neunen Hora iderman zu Haus gehenn, also das vber neun Vhr, es sey Winter ader Sommer, kein Gast, Einwoner, noch Frembde, beim Bier ader Wein sitzendt ader der Tentze wartende angetroffen werdenn soll. Auff denn drittenn Tagk sollen abermals alleine die negstenn Freunde, Tauf Bothenn, Vormunden vnnd frembde Leuthe, die denn ersten Abendt zugelassen sein, vnnd sunst nimandt mehr gebettenn, auch allein mit dreien Gerichtenn, ane den Kesen, zu Morgens vnnd Abents gespeiset werden. | Domit sollenn sich die Hochtzeitten endenn, vnnd soll die Aprichtung des Kochs, Kellers vndt anderer Diner desselbigen dritten Tags geschehenn. Also das den nachvolgendenn Tagk kein Gast mehr, wider Freundt, Fremder noch Einwoner des Orts, do die Hochtzeit gehaltenn, gefundenn werden soll.
Diß alles vnnd jedes sol also vnd anders nit gehaltenn werdenn bey Peen so offt dawider gehandelt, zehen Guldenn, in allenn Fellenn vom Breutigam zubetzalenn, auß genommen do ein Einwoner Gast, Man ader Weibes Personen, sich vber die Zeit nach gestaltem Zcill, des Orts der HochZeit finden liesse, der soll auch wie der Breutigam zehen Guldenn vorfallenn sein. | Der Badt[er] vnnd Balbir Tagk soll gentzlich apgeschafft sein, bey Peen eynes Guldenn vom Breutigam zubetzalen.
Des Weingehens auf die Hochtzeitt Tage, sollenn sich die Gesellen gentzlich enthaltenn, denen man auch des Hochtzeit Tages, vf denn Abent, nach der Maltzeit, kein Essen, ader Gebratens sol zum Bier volgen lassen. Doch mugenn sie in dem Hause, da die Hochtzeit gehaltenn, frolich sein vnnd trinckenn, bis zu gesetzter Zeit, alles bey Peen eins Guldens.
Essen noch Trincken sol mann niemandt heim schicken, dan vnuormugendenn Krancken Freundenn, bey Straff eines Guldens. |
Dem Kuchenmeister soll mann kein Hembde, auch denn Platz Gesellenn keinen Ringk mehr geben, bey Peen eines Guldens.
Die Abendt tentze sollen von Egidy an bis auf Pfingsten gantzlich apgeschafft sein, aber von derselbigen Zeit an den Sommer vber nicht mehr, dann drey Reyhen nach dem Abentmal, im Hause zuhaltenn erlaubt sein, bey Peen dreyer Gulden.
Das vordrehenn in Tentzen soll an allenn Orthen verbotten sein, bey Straff eines Guldens, so offt das geschicht, vom Vbertreter zuerlegen.
Der Hochtzeit Geste vnnd Essen Zedel sol vonn iderm Breutigam der in der Stadt vnndt an den Orten, wie oben gemelt, gesessen, | drey Tage vor der Hochtzeit, bey Peen eines Guldens, dem Radt vberantwort werdenn, daraus sie sich zuersehenn, ap gemelte Artigkell vberschritten werden wollen, daruf dann der Breutigam vorwarnet werden soll, damit er sich hernach nicht zuentschuldigenn habe. Die vnnottige Antzall der Diener, so vileicht auf ein Schein angestelt mugen werdenn, soll nimandt an der Vbermaß der gebettenen Geste entschuldigen, dann es sollenn die Essen Trager, ader Tisch Diener, aus den gebettenen ledigenn Gesellen bestalt werden.
Denn Spilleuttenn, so zur Naumburgk wonenn vnd zu Hochtzeitten gedinget werden, sol man von | Zeit der gantzenn Hochtzeit, mehr nit dann zwelff Groschen zu Lohn gebenn, bey Straff eines Guldens. Im vhal aber, do sie solchen Lohn zu nemen sich we[i]gern wurden, soll denselbigen das Handtwergk, vier Wochenn gelegt ader sollen mit Gefencknis darumb gestrafft werdenn. Khemen sie aber offt wider, sollen sie da zu wonenn furder nicht geliden werdenn.
Ob auch dieselbigen Spilleuthe vor denn Tischenn hoffirenn, soll inen doch darumb vonn den Gesten kein Tranckgelt gereicht werdenn, bey Peen, wer solchs vbertrit, eines halben Guldens. |
Wer die Orgell vnnd Mensur zu singenn, auf seine Wirdtschafft bestellen wil, der sol dem Cantor sechs Groschen, dem Organisten vnnd Haußmann idem einen Groschen, aber wo er keine Mensur sunderlich bestellet, dem Cantor auch nicht einen Groschen vnnd keinem kein Essen geben, bey straff eines Guldenn.
Vonn Heimfartenn
Truge sichs auch zu, das imant vber Landt heyradte vnd Heimfart habenn wolte, der soll, do er im ersten ader andern Stande begriffenn, mehr nicht dan zwolff frembde Personen, mitzubringen vnd zu denen | abermals mehr nicht dan zwolff Einheymische negster Freunde, do er aber des drittenn Standes wehre, mehr nit dan sechs frembde Personen mitzubringen, vnd dartzu noch sechs einheimische negster Freunde eintzuladen, vnnd zum Abentmall, seiner Heimfart zusetzenn, auch anders nit dan nach vorgeordenter Maße zuspeisen, vnd damit allenthalbenn zugebarenn befugt sein, bey Peen von ider Personn domit vberfarenn, eins Guldens.
Des andernn Morgens aber, sollen allein zur Collation die mit heimbrachte frembde Leuthe vnd die sunst ins Haus gehoren, mit dreyenn Gerichten ane den Kese wie zuuor im dritten Hochtzeittage geordenet, gespeiset werdenn. |
Kindt Teuffte
Weyll die Natur ein iden vornunnfftigenn Menschen selbst weiset, das eynem armen krancken Weib, das Gott der Almechtige itzundt mit Schmertzen beratenn, ann Geschwetz vnnd Gethümmel, wenig Ergetzligkeit kann haben, auch denn Cristenn geburenn will, bey denn hochwirdigen Sacramenten sich cristilich, ehrlich vnnd eingezogenn zuhalten, als sol hinfort alle Gastung, bey Kindt Teufftenn gentzlich aufgehobenn, apgeschafft vnd verbottenn, allein vmb Ehren willenn vorgont sein, wem es gefellick, denn Gefattern vnd Nachbarnn ein Trunck zubitten bey Peen, so offt solchs vberschritten, dreyer Gulden.
Dreywochenn vnnd Kirchgenge |
Deßgleichen sollen die Dreiwochen vnnd zu Kirchgengen, hiebeuorn gepflogene Quessereyen, hinfort gantz vnnd ghar apgethan sein, bey auch Straff dreyer Gulden. Doch mit dem Verstande, das keiner Sechswocherin mit iren Freundenn vnnd Nachbarnn nach Endung der sechs Wochen ehrlich vnnd cristlich, ane Quaß vnnd Fresserey, zu Kirch zugehen, verbottenn sein sollen.
Besundere HausGast Ladunge
Es soll auch keinem Stande do imandt vor sich in sein | Haus ausserhalb offentlicher Freuden Geste habenn wil, mehr dann einenn Tisch Volck, das demnach Wirth vnnd Wirthin auch mit sitzenn mugen, vnnd dartzu allein zu eyner Maltzeit, vnd nit abents, vnnd morgens, auf ein Mahl eintzuladenn vnnd mit Antzall der Essen, die Hochtzeit Ordenung zuuberschreittenn, nachgelassenn sein bey Peen funf Guldenn. Vnd sollenn solche Hochtzeit, Kindtteuffte vnd Gastirens Ordenung himit so balt angekundiget vnnd angesichts ins Wergk gesatzt werdenn, alles bey ernanten Straffenn vnnd Peenen darnach sich iderman wisse zurichten. | Vnnd do inn allenn obaußgedrucktenn Ordenungen vnnd Satzungen eine vnnd mehr ansehentliche vnd erhebliche Vrsachen dorin Erclerung vonnotenn, vorfallen wirth, So behaltenn wir vns himit für alwege nottorfftige Erclerung, wie es zuuorsehen, vnnd damit gebaret werdenn solle, zuthun das also so offte denenn zuwider etwas vorgenommen werden will, zu ider Zeit, solche Erclerung, Deutunge, ader Erlaubnis, bey vns Zuuorn gesucht, vnnd one vnser nach hengenn nichts hirkegen gestattet werdenn solle. |
Vnnd soll obgestalte vnser Ordnung souil die Kleidung vnnd Straff derselbigenn belangt, in Frist vier Wochenn, domit nimandt vbereyleth, vnnd sich meniglich mitler Zeit darnach zurichten wisse, die Hochtzeitten aber vnnd ander nachvolgende Punct betreffende, balt des negsten anderen Tags, nach geschehener Publicirung, vnndt offentlicher Vorkundigung, vonn allenn, so darin begriffenn zuhaltenn angefangen werdenn, ane Außzcugk vnnd Behelff. Zu vrkundten habenn wir vnser Insiegell hirann wissentlich hengken lassen, vnnd mit eygener Handt vnderschrieben. Gegebn zu Zceitzs Montags nach Conuersionis Pauli im thausenth funfhundertsten vnd neunvndvirzigsten Jhare
Julius confirmirter Bischoff zur Naumburg ssp.