trafen uns im großen Saal oder der Aula. Auf der Bühnenempore sassen dann die Mütter mit Frau Dr. Bienemann, sie war die Dame, die für Anstand und gute Sitten sorgte. Frau Guderwill war die Tanzlehrerin. Sie kam aus Weimar, quälte sich mit Bus und Bahn ans Ziel, an eigene Autoanfahrt war noch nicht zu denken. Ein Klavierspieler und eventuell ein Geiger begleiteten unsere ersten Schrittversuche zum Gesellschaftstanz. Was wurde denn gelernt? Walzer, Rheinländer, Tango, Polka, Quadrille, Polonaise und? Wir durften einmal vortanzen. In der Pause durften wir dann im Park spazieren gehen. Zum Abschluss dieser kurzen Zeit gab es dann das erste Ballkleid, 3/4 lang durfte es dann sein. Wir hatten meist hölzerne Fächer, zum Teil schön gemustert. Auf der Rückseite hatten sich dann bis zum Abschied alle Tänzer mit ein paar passenden Worten eingetragen. Ich bekam von meinem Tanzstundenherrn geschrieben: “Als die ‘Römer’ frech geworden, sim serim, sim sim- tanzte sie mit Pfortas Horden, sim serim, sim sim. Eckehard Pätzold, 24.9.1930 aus Wittenberg”.
In der Zeit entwickelte sich ein netter Spaß. Die großen Ferien begannen, es war gerade Kirschfest. Die meisten Schüler kamen von weit her. An dem Tag fuhren sie mit dem Nachtzug erst. Das Gepäck wurde bei uns im Haus in Bahnhofsnähe untergestellt. Einige Mädels kamen, andere wurden abgeholt, um gemeinsam Kirschfest zu feiern. Ein Elternpaar hatte ein Kirschfestzelt auf der Vogelwiese, bei ihnen gab es für alle Kaffee und Kuchen. Gegen Abend wurde eine Rostbratwurst für 25 Pfennig gegessen. Anfang und Ende der Wurst lugte noch lang aus dem Brötchen heraus.
Schülermützen
Alle Schulen hatten für die Jungens Schülermützen, die mußten getragen werden, um mit gutem Benehmen für die Schule Ehre einzulegen. So trugen die Pfortenser lila, die Domschüler blau, die Realschule rot, die Mittelschule grün, die Knabenschule schwarz, die Stabilaner grün mit Silbertresse. Die Mädchen vom Lyzeum trugen Kornblumenkränze im Haar. Dies war die Lieblingsblume der Königin Luise, nach ihr hieß unsre Schule damals auch: Luisen-Oberlyzeum. Die Kränze, vorwiegend beim Kirschfestumzug nur, trugen die jüngeren Schülerinnen. Es gab in Pforta eine gute Grundausbildung für einen Beruf. Aber dann kam der Krieg und raffte so manchen von ihnen dahin. Und warum muss das sein, das fragen wir uns heute schon wieder. Warum?