Reformationspropaganda für den Geldbeutel
Spottmedaillen
Kehr- oder Doppelkopfmedaillen waren ein beliebtes Mittel der Reformationspolemik. Sie nahmen wahrscheinlich das Vorbild päpstlicher Schaumünzen auf, die seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert Papstbildnisse trugen und verkehrten deren propagandistische Wirkung ins Gegenteil. Durch die Drehung der Kehrmedaillen um 180 Grad wird beispielsweise aus dem Papst- ein Teufelskopf. In der Regel – nicht immer – verstärken die überwiegend lateinischen Umschriften die ohnehin grob polemische Bildwirkung noch, indem die Grundaussage, die lutherische Gleichsetzung des Papstes mit dem Antichristen, verbal und unmissverständlich variiert wird. Die Kehrseiten der Medaillen zeigen in der Regel eine Kombination aus Kardinal und Narr, wobei der Narr in seiner traditionellen Bedeutung als dummer, törichter Mensch zu verstehen ist, der den Willen Gottes nicht zu erkennen vermag.
Der Großteil dieser Spottmedaillen wurde wohl in den beiden Jahrzehnten nach 1539 hergestellt. Die Bildmotive wurden mehrfach kopiert und variiert und die Legenden finden sich in verschiedenen Kombinationen, so dass man vermuten kann, dass die Spottmedaillen in der Zeit der heftigsten konfessionellen Auseinandersetzungen ein gutes Zusatzgeschäft für ihre Hersteller bildeten, zumal nicht zuletzt die lateinischen Legenden auf ein gebildetes und damit zahlungskräftiges Zielpublikum schließen lassen. Ein Zusammenhang mit dem Naumburger Bischofsstreit wurde oft vermutet und Nikolaus von Amsdorf direkt als Initiator genannt. So habe Amsdorf eine hier nicht vertretene Doppelkopf-Medaille (Kardinal/Narr, revers ohne Bild) mit der Legende „EFFIGIES CARDINUM MUNDI/ EFFEMINATI DOMINABVNTUR EIS 1544“ von „Monstranz und Kirchenornat“ des Domes schlagen lassen. [Köhler, Münz-Belustigung, S. 244] Unsere Inv.-Nr. SG02177, deren ungewöhnliche Bildzusammenstellung Bischof/Kardinal – Kaiser/Papst in Verbindung mit den Legenden („Du wirst sie bestellen als Herrscher über die Erde“) mit unerwartet feinsinniger Ironie daherzukommen scheint, wurde ebenfalls Amsdorfs Initiative zugeordnet, ohne dass dies allerdings nachweisbar wäre. Es ist kaum möglich einzelne – oder gar alle – Spottmedaillen der Reformationszeit konkret auf diesen Ursprung zurückzuführen. Wenige – hier nicht vertretene – Exemplare werden bekannten Medailleuren wie Friedrich Hagenauer (um 1500-1546), Peter Flötner (um 1485/90-1546) und Hans Reinhart d. Ä. (um 1510-1581) zugeschrieben, in den meisten Fällen bleiben jedoch sowohl Medailleure als auch Hersteller und Herstellungsorte unbekannt.
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Spottmedaille SG02171
Die vorliegende Medaille soll auf den bekannten Augsburger Renaissance-Medailleur Friedrich Hagenauer zurückgehen und Bezug nehmen auf den sogenannten Naumburger Bischofsstreit von 1543. Sie zeigt auf der Rückseite statt des Doppelkopfes eine ebenso leicht zu verstehende Wendefigur aus Bischof mit Kelch und Frau mit Bibel und Leuchter. Ein Zentrum der Herstellung dieser Medaillen bestand wohl in ...
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Spottmedaille SG02172
Friedrich Hagenauer, 1544 Spottmedaille mit doppelseitiger Kopfdarstellung Gelehrter und Narr EFFIGIES CARDINUM MVNDI EFFEMINATI DOMINABVNTUR EIS 1544 "Dieser Niclas von Amsdorff, welcher ein sehr hitziger Mann war, ließ bey dieser Gelegenheit eine Müntze prägen, auf deren einer Seite ein Cardinals-Kopf mit der Beyschrifft: Effigies Cardinum mundi; Effaeminati dominaburntur eis, stunde; Es wurde ...
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Spottmedaille SG02173
Avers: Papst/Teufel Legende: TRANSFIGVRAT SE IN ANGELUM LUCIS COR XI Revers: Kardinal/Narr Legende: STULTI ALIQVANDO SAPITE PSAL XCIIII
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Spottmedaille SG02175
Avers: Papst/Teufel ECCLESIA PERVERA TENET FACIEM DIABOLI Revers: Bischof/Narr ALIQVANDO SAPIENTES STULTI
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Spottmedaille SG02176
Avers: Papst/Teufel ECCLESIA PERVERSA TENET FACIEM DIABOLI Revers: Kardinal/Narr ALIQVUANDO SAPIENTES STULTI
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Spottmedaille SG02177
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Spottmedaille SG02178
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